FRAUENSERVICE - Berufsbildkarten und Berufekompass

Welche Überlegungen bringt das Frauenservice ins Projekt FAMME mit?

Frauen mit Migrationshintergrund sind unabhängig von ihrer beruflichen Ausbildung überdurchschnittlich oft als Hilfskräfte in den Bereichen Reinigung und Gastronomie beschäftigt. Wenn sie über eine in Österreich erworbene Qualifizierung verfügen, dann häufig im Bereich der Pflege. Am Durchschnittsgehalt gemessen sind diese Frauen eher schlecht entlohnt, die Arbeit ist körperlich anstrengend, die Arbeitszeiten sind häufig nicht familienfreundlich und zudem sind sie immer wieder die ersten, die ihre Arbeitsstelle verlieren. Viele setzen sich erst nach vielen Jahren in Österreich, etwa bei längerer Arbeitsunterbrechung (z.B. durch Elternkarenz, anhaltende Arbeitslosigkeit, etc.), mit der Möglichkeit einer Anerkennung der im Herkunftsland erworbenen Qualifikationen und Qualifizierungen auseinander.

 

Menschen mit Migrationserfahrung, die entweder in ihrem Herkunftsland keine Berufsausbildung absolviert haben oder eine Berufsausbildung haben, aber nicht wissen, inwiefern diese in Österreich verwertbar ist, müssen in der Regel relativ gut Deutsch lesen, schreiben und sprechen, bevor sie sich mit ihrer beruflichen Situation auseinander setzen können. Gängige Berufsorientierungsmaterialien setzen meist bei Niveau B1 - B2 (vgl. Europäischen Referenzrahmen für Sprachen) an. Der Zugang und die Zugänglichkeit von Bildungsangeboten sind auch soziale Fragen und setzen voraus, dass Menschen unabhängig von ihrer (sozialen oder ethnischen) Herkunft gleiche Rechte und Partizipationsmöglichkeiten haben.
In vielen Studien ist belegt, dass Mädchen bessere Schulleistungen erbringen. Im Vergleich zu Burschen finden Mädchen – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit – dennoch seltener einen betrieblichen Ausbildungsplatz und entscheiden sich häufig für „typisch weiblich“ konnotierte Berufsfelder.


In bestehenden Berufsorientierungsmaterialien werden Rollenstereotype wie <Frauen in sozialen oder helfenden> und <Männer in handwerklich-technischen> Berufen häufig reproduziert. Es gibt kaum Bildmaterial, das die Vielfalt von Menschen in Bezug auf Alter, Geschlechtsidentitäten, Herkunft, Religion oder Behinderung in vielfältigen Berufssituationen zeigt.

 

Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, neue Berufsinformationsmaterialien in einer leicht verständlichen Sprache zu entwickeln, die Rollenstereotype aufbrechen und der gesellschaftlichen Vielfalt z.B. im Hinblick auf Alter, ethnischer Herkunft und Religion gerecht werden.
Migrantinnen sollen durch die Berufsbildkarten und den Berufekompass, die im Projekt entwickelt wurden von Anfang an die Chance haben, sich mit ihren beruflichen Möglichkeiten in Österreich auseinander zu setzen und an einem Karriereplan zu arbeiten. Die Homepage www.famme.at ermöglicht es Frauen, sich auch von zuhause aus mit ihren beruflichen Perspektiven auseinanderzusetzen, was vor allem für Frauen in Elternkarenz bei häuslicher Betreuung des Kindes die Möglichkeit zur Neuorientierung bietet.

 

Die FRAUENSERVICE Berufsbildkarten

Die Berufsbildkarten geben einen kompakten Überblick zu den Anforderungen, Verdienstaussichten und Ausbildungswegen für über 100 Berufe. Der Begriff Beruf bezeichnet nicht unbedingt eine aufgrund besonderer Eignung und Neigung systematisch erlernet, spezialisierte, meistens mit einem Qualifikationsnachweis versehene, sondern nur die gegen Entgelt ausgeübte Betätigung eines Menschen. Die Karten stehen auch zum PDF-Download zur Verfügung und sind damit  auch in Unterrichtssituationen optimal einsetzbar.

Die FAMME-Berufsbildkarten des Frauenservice sind mit einer Gemeingutlizenz von Creative Commons versehen und gewähren somit die freie Verwendungsrechte an den damit gekennzeichneten Materialien. Nutzerinnen können sie daher ohne Angst vor Urheberrechtsverstößen downloaden, adaptieren, verwenden und verbreiten.

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Kriterien für die Auswahl der Berufe

Frauen, die nach Österreich zugewandert sind, haben es im Vergleich zu einheimischen Frauen besonders schwer, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Sie brauchen Zeit um ihr neues Lebensumfeld kennen zu lernen und eine höhere Sprachkompetenz in Deutsch zu erwerben. Darüber hinaus sind Migrantinnen am Arbeitsmarkt generell benachteiligt und oft mehrfach diskriminiert: als Migrantinnen und als Frauen, möglicherweise auch als Mütter.

Obwohl Frauen mit Migrationshintergrund sich oft ähnlichen Problemen stellen müssen, gilt es zu beachten, dass die Bezeichnung „Migrantinnen“ eine konstruierte Kategorie benennt, die keineswegs eine homogene Gruppe beschreibt. Die Frauen unterscheiden sich bezüglich Sprachkompetenzen beruflicher Praxis, Bildungsniveaus bzw. Anerkennung ihrer Bildungs- und Berufsabschlüsse in Österreich, Staatsbürgerschaft, Alter, Zeitflexibilität, Betreuungspflichten, etc. und bringen eine breite Palette von persönlichen Kompetenzen mit. Alle diese Faktoren spielen eine wichtige Rolle für die Berufswahl. Diese Diversität gilt in der Erstellung der Karten zu berücksichtigen.

1. Sprachniveau in Deutsch und Fremdsprachenkenntnisse 

Die Texte der Bildkarten werden in einfacher Sprache verfasst, damit auch Frauen mit geringem Sprachniveau (ab A2) sie verstehen und benutzen können. Es werden sowohl Berufe bei denen geringe Deutschkenntnisse ausreichen (z.B. manche Hilfsberufe) als auch Berufe, bei denen Fremdsprachenkenntnisse von Vorteil sind (z.B. Journalistin) ausgewählt. 

2. Bildungsniveau

An den verschiedenen Bildungsniveaus der Frauen angepasst, wird versucht, möglichst viele unterschiedliche Ausbildungsmöglichkeiten dazustellen. Es werden auch verwandte Berufe aufgelistet, um Barrieren aufgrund von mangelnder oder nicht anerkannter Ausbildung mit einem Aufzeigen von Alternativen entgegenzuwirken. Auch sollen die Migrantinnen dadurch dazu motiviert werden, höhere Ausbildungen anzustreben.

3. Berufliche Praxis/Interessen

Mit dem Verwenden der Karten können Migrantinnen herausfinden, welche beruflichen Felder am besten ihren Interessen, ihrer Berufserfahrung und ihren Fähigkeiten entsprechen. Gleichzeitig sollen sie abschätzen können, in welchen Bereichen sie realistische Chancen haben, kurzfristig etwa als Hilfsarbeiterin bzw. langfristig etwa nach einer Ausbildung einer im Ausland erworbenen Qualifikation einen Job zu finden.

4. Österreichische Staatsbürgerschaft

Aufgrund der Tatsache, dass einige Migrantinnen über die österreichische Staatsbürgerschaft bzw. über die EU-Staatsbürgerschaft verfügen, werden auch Berufe, die dies als Voraussetzung anführen, in die Liste aufgenommen (z.B. Polizistin).

5. Alter, Zeitflexibilität und Betreuungspflichten 

Durch eine möglichst große Vielfalt an Berufen sollen Frauen verschiedenen Alters und mit unterschiedlichen Möglichkeiten in ihrer zeitlichen Flexibilität angesprochen werden, sodass sie einen passenden Beruf finden können.

6. Geschlechtsstereotypische Berufe

In Österreich klafft die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen immer weiter auseinander. Das hängt u.a. damit zusammen, dass Frauen traditionell häufig in Niedriglohnbereichen wie Dienstleistungs- und Sozialberufen und Männer traditionell in besser entlohnten Segmenten wie Metall- oder Chemiebereich arbeiten. Um Migrantinnen die gesamte Breite der beruflichen Möglichkeiten darzustellen und sich unabhängig von Rollenklischees zu orientieren ist es wichtig Frauenvorbilder in allen Bereichen darzustellen.

Darüber hinaus werden folgende Ziele verfolgt:

  • Darstellung der Arbeitsmarktsituation durch das Aufzeigen von Berufen mit hohem/niedrigem Bedarf an Arbeitnehmerinnen 
  • Balance zwischen Realisierbarkeit des Berufswunsches und Empowerment für die Karriereplanung
  • Möglichkeit eines sehr raschen Einstiegs in den Arbeitsmarkt, auch mit geringen Deutschkenntnissen, als erster Schritt für eine längerfristige Karriereplanung

Informationsquellen

Folgende Informationsquellen wurden benützt:

1. Entwicklung des Arbeitsmarkts laut Prognose vom AMS: Qualifikationsbarometer und Bundesländerinformationen (AMS/Gfk Austria. Stellenanzeigenanalysen 2011 und 2010 und AMS Statistik; beim AMS gemeldete freie Stellen, Gesamtjahr 2011 bzw. 2010)

2. Berufliche Interessen der Kundinnen in den zam-Regionalstellen Frauenservice und nowa in Graz laut Statistiken und Kursberichten der letzten 5 Jahre

3. Berufslexikon Band 1-3  2012/2013, AMS und Berufslexikon online, AMS; BerufsInformationsComputer (www.bic.at), WKO 

4. Arbeitsmarktlage 2010, Wien: AMS 2011.

Auswahlmethode

Als erster Schritt wurden die Arbeitsbereiche und –felder ausgewählt, wo die meisten Stellen in den letzten 2 Jahren ausgeschrieben bzw. beim AMS gemeldet wurden und nach denen es laut Prognose noch in den nächsten Jahren hohe Nachfrage geben wird. Eine vergleichende Analyse der Arbeitsmarktlage hat gezeigt, dass nur geringe Unterschiede in den Bundesländern festzustellen sind. Unabhängig davon, wurden alle diese Arbeitsbereiche  und -felder bei der Auswahl berücksichtigt und eine erste Liste von Berufen erstellt (AMS Liste).

Im Folgenden haben wir auf die langjährige Erfahrung des Vereines Frauenservice Graz und des zam-Steiermark, Regionalstellen nowa und Frauenservice, mit der Durchführung von AMS Frauenförderungsmaßnahmen zurückgegriffen. Die internen Statistiken und Kursberichten verdeutlichen, wo die Interessen der Frauen liegen und wo sie eine für sie passende Stelle gefunden haben. Auf dieser Basis wurde eine zweite Liste von Berufen erstellt (zam Liste).

Beide Listen – AMS und zam – wurden verglichen, zusammengeführt und nach den oben genannten Kriterien überprüft. Ausgeschlossen wurden Berufe mit geringen Ausbildungsmöglichkeiten in Österreich. Für Berufe, die ausschließlich über universitäre Ausbildungen oder Fachhochschulen zugänglich sind (ausgenommen Berufe, die Migrantinnen aufgrund von Fremdsprachenkenntnissen, leichter ergreifen können) wurde maximal pro Fachbereich eine Karte erstellt. Des Weiteren wurden Berufe mit besonders guten Ausbildungsmöglichkeiten, Berufe die erfahrungsgemäß gute Einstiegschancen bieten und Lehrberufe mit vielen offenen Stellen und einem geringen „Frauenanteil“ bevorzugt. 

So ist eine neue Liste entstanden, die von den Projektpartnerinnen mit ihrer Erfahrung in der beruflichen Orientierung noch ergänzt wurde. Die Liste wurde vom Verein „maiz“ durch zwei durchgeführte Workshops mit Migrantinnen als Nützerinnen auf ihre Vielfältigkeit und Lebenswelt- und Realitätsnähe überprüft. Um die Zahl der Karten auf ca. 100 zu beschränken, wurde in Gruppen verwandter Berufen jeweils einer exemplarisch ausgewählt. Weitere Informationen werden interessierten Frauen, nach Maßgabe der Projektressourcen, auf der Lernplattform zur Verfügung gestellt. 

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Berufsbilder (alphabetisch sortiert)

37,73 MB | 11. Aug 17

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Berufsbilder (alle)

37,57 MB | 11. Aug 17

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Nach Berufsgruppe

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Hilfsberufe und Aushilfskraft + Reinigung und Haushalt + Sicherheitsdienst + Verkehr, Transport und Zustelldienst + Nicht eingeordnet

5,89 MB | 19. Aug 17

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Informationstechnogie + Maschinen, KFZ und Metall + Umwelt

2,36 MB | 19. Aug 17

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Büro, Wirtschaft und Recht + Medien, Kunst und Kultur

4,81 MB | 19. Aug 17

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Soziales, Erziehung und Bildung + Wissenschaft, Forschung und Entwichlung

3,98 MB | 19. Aug 17

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Handel, Verkauf und Werbung + Körper und Schönheitspflege + Textil, Mode und Leder

3,53 MB | 19. Aug 17

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Gesundheit und Medizin

3,76 MB | 19. Aug 17

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Hotel- und Gastgewerbe + Reise, Freizeit und Sport

3,35 MB | 19. Aug 17

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Bau, Bauebengewerbe und Holz + Garten-, Land- und Forstwirtschaft

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Chemie, Kunststoffe, Rohstoffe und Bergbau + Elektro und Elektronik + Glas, Keramik und Stein + Grafik, Foto und Papier

4,52 MB | 19. Aug 17

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Einkommen: Was bedeuten die Sternen auf den Karten?

Das ist das durchschnittliche Bruttoeinstiegsgehalt:

1 Stern:       bis € 1.200,00
2 Sterne:     € 1.200,00 – € 1.5000,00
3 Sterne:     € 1.500,00 – € 1.800,00
4 Sterne:     € 1.800,00 - €2.100,00
5 Sterne:     ab € 2.100,00

„Datengrundlage sind die entsprechenden Kollektivverträge. Diese werden um Informationen aus anderen Quellen wie zum Beispiel Microzensus-Daten (Statistik Austria) ergänzt.

Eine Übersicht über alle Einstiegsgehälter finden Sie unter www.gehaltskompass.at.

Die Mindest-Löhne und Mindest-Gehälter sind in den Branchen-Kollektivverträgen geregelt. Die aktuellen kollektivvertraglichen Lohn- und Gehaltstafeln finden Sie in den Kollektivvertrags-Datenbanken des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) und der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ):

Quelle: www.ams.at

Der FRAUENSERVICE Berufekompass

  • ist ein innovatives Online-Instrument für die Berufsorientierung.

  • unterstützt dabei, den Beruf zu finden, der den eigenen Prioritäten und Fähigkeiten entspricht.

  • bietet wichtige Informationen für die Berufswahl in einfacher Sprache.

  • unterstützt den Erwerb von arbeitsmarktrelevanten Vokabular ab dem Sprachniveau A2.

  • stellt kompakte Berufsorientierungsinformation zu über 100 Berufen bereit.

  • unterstützt Trainerinnen und Multiplikatorinnen mit frei verfügbaren Kursmaterialien und Methoden, die Geschlechterstereotypen und Arbeitsrealitäten hinterfragen.

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